Und da saß ich nun. Vollkommen verzweifelt und kurz vor dem Wutheulen. Und das nun schon seit 2 Stunden. Kurz zuvor hatten wir noch eine Halssocke genäht, bin dann ins Kino und als ich zurück war, ging nichts mehr. Die Nähmaschine verweigerte mir rigoros den Dienst. Klar, die Nadel stach in den Stoff ein, aber das war es dann auch schon.
Nach immerhin 3 Stunden, 100 maligem ein- und Umbau der einzelnen Funktionen und etlichen Flüchen sah die Nähmaschine sich dann mal genötigt statt leere Löcher in den Stoff zu stechen, mal ein bisschen Abwechslung in die Sache zu bringen und den Unterfaden in ein großes Gewebe zu verwandeln. Immerhin, dachte ich, ein Fortschritt.
So verbrachte ich weitere 2 Stunden damit, mich durch Foren, Tipps und Tricks und der Anleitung zu ackern. Erfolglos. Zwischenzeitlich hatte das Wutheulen dann übrigens auch die Oberhand gewonnen und ja, auch die Kraftausdrücke waren wenig schmeichelhaft. Diesbezüglich hätte jeder Kesselflicker und Bierkutscher noch dazu lernen können. Irgendwann gab ich dann ganz erschöpft und vollkommen frustriert auf, heulte mich an der starken Schulter meines Mannes aus und ließ mich dann ins Bett einweisen.
Am nächsten Tag war die Sache natürlich noch lange nicht vom Tisch und so fuhr mich mein Mann zu einem Nähmaschinen-Fachmann. Ein alteingesessener Fachbetrieb, das sah man sowohl dem Ambiente des Ladens, als auch dem Fachmann sofort an.
„Schönen guten Tag, meine Nähmaschine raubt mir den letzten Nerv…“ begann ich mein Problem zu schildern, während ich schon am Reißverschluss der Maschinentasche herumfriemelte „… vor ca zwei Jahren bei Lidl gekau… „Eine Billigmaschine? Lassen sie den Reißverschluß gleich zu, die schau ich mir nicht an, da kostet das drauf gucken ja mehr als die ganze Maschine!“ würgte mich der ältere Herr gleich ab. Im Glauben er habe mich falsch verstanden, versuchte ich ihm zu erklären, dass ich auf einen einfachen Einstellfehler hoffte. Doch so weit kam ich gar nicht, denn er betonte noch einmal, dass er sich das gar nicht erst anschauen würde, da dies schon den Preis der Maschine übersteigen würde.
Ich persönlich empfand sein Verhalten als sehr unhöflich, nicht das er sich die Maschine nicht ansehen mochte, sondern die Art und Weise, wie er mir das deutlich machte. So schluckte ich meinen Ärger und verließ den Laden.
Dann fuhren wir in ein Nähmaschinencenter, wo man mich sofort freundlich begrüßte und auf den Hinweis, dass ich Hilfe für eine Discountermaschine brauche mit den Worten „Na mal sehen, wie weit wir kommen, ich gebe mein bestes!“ reagierte. Ok, der erste Pluspunkt war gesetzt. Nach einer Kontrolle aller Einstellungen und des Zusammenbaus, schaltete der nette Herr das Gerät an und machte eine Probenaht. Die natürlich, wie sollte es anders sein, perfekt war. „Das kann nicht wahr sein, die mobbt mich!“ schimpfte ich begeistert über die Zauberhände des Verkäufers. Dieser war nicht so euphorisch und machte noch eine Naht, bei der es dann „knallte“. Gut, dass ich nicht sofort nach Hause bin, sonst wäre ich wohl zusammengebrochen, getreu dem Motto „Wieso bei ihm und nicht bei mir?!“
„So wie es scheint, ist der Blabla (weiß nicht mehr, was es war) defekt. Wir können unsere hauseigene Werkstatt drauf schauen lassen, das würde dann 20€ vorab machen, die im Falle einer gewünschten Reparatur verrechnet werden würde. Aber ganz ehrlich und unter uns: ich denke, dass es sich am Ende auf um die 80€ handeln würde und das übersteigt den Wert ihres Gerätes.“ Japp, da musste ich ihm zustimmen.
Der Schatz fragte dann, was der nette Herr den für den nächsten Kauf empfehlen könnte und so saß ich plötzlich an einem Tisch voller Maschinen und bekam ein für mich wirklich tolles Modell vorgeführt, bzw. durfte es selber versuchen. Dazu gab es noch jede Menge Tipps und Tricks, die man generell beim nähen gut gebrauchen kann und ganz am Ende noch ein Prospekt des Gerätes, damit man sich zu Hause noch einmal alles in Ruhe ansehen kann.
Wie der Schatz nun einmal so ist, setzte dieser sich daheim gleich ans Internet und recherchierte den Internetpreis, der genau dem im Laden entsprach. „Wieso hast du die nicht gleich mitgenommen? Die war doch echt toll?!“ Meinte mein Mann das jetzt wirklich ernst, oder spielte er ein grausames Spiel mit meinen Gefühlen?
Eine halbe Stunde nach Verlassen des Ladens stand ich wieder davor, diesmal beladen mit einem riesigem Karton und einem wirklich, wirklich breitem Grinsen im Gesicht. Im Auto saß mein Mann, der es tatsächlich ernst gemeint hatte und mir den Shoppingchauffeur gemacht hat.
„Ich kann dich halt nicht unglücklich sehen!“ entschuldigte er sich für seine Entscheidung. Insgeheim vermute ich ein heimliches Interesse an meinen Interessen, was auch seine Fragerei am Abend erklären würde 😉
Wie auch immer, ich bin nun wirklich selig, dass ich Frau Ar***loch (so habe ich die alte Maschine vor lauter Wut getauft) nun beerdigen kann. Und fleißig war ich mit der Neuen nun auch schon.